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Die Central Park Five: Teenager werden fälschlicherweise der Vergewaltigung bezichtigt

Es ist 1989. Eine 28-jährige Frau wird im New Yorker Central Park vergewaltigt und schwer misshandelt. Eine Gruppe junger Afroamerikaner und Latinos findet sie bei einem Spaziergang durch den Park. Die zwischen 14 und 16 Jahre alten Teenager werden noch in derselben Nacht verhaftet. Vier der Jugendlichen gestehen die Tat. Alle mussten für mehrere Jahre ins Gefängnis, einer der Teenager sogar für 13 Jahre. Erst 2002 werden die Ermittlungen wieder aufgenommen und anhand einer DNA-Analyse der bereits inhaftierte Vergewaltiger und Mörder Matias Reyes dingfest gemacht. Er gesteht die Tat.

Wie konnten die falschen Geständnisse der Jugendlichen überhaupt zustande kommen? Die unschuldig Verurteilten gaben nach dem Gerichtsverfahren an, von der Polizei unter Druck gesetzt worden zu sein. Zur damaligen Zeiten war New York für seine Straßenkriminalität berüchtigt. Nicht nur die Polizei auch andere Institutionen wie die Presse und Gerichte als auch die Menschen auf der Straße eiferten nach einem (beziehungsweise in dem Fall mehreren) Schuldigen. Die jugendliche Gruppe passte ins Bild. 25 Jahre nach dem fatalen Justizskandal wurden die mittlerweile erwachsenen Männer dafür entschädigt. Sie erhielten Berichten zufolge rund 30 Millionen Dollar. Die verlorene Jugend kann ihnen jedoch keiner zurückgeben.

Sture Bergwall: Serienmörder entpuppt sich als unschuldig

Zu den populärsten falschen Geständnissen gehört auch der Fall rund um den vermeintlichen Serienmörder Sture Bergwall. Waren die Geständnisse der Central Park Five erzwungen, bekannte sich der Schwede Sture Bergwall alias Thomas Quick freiwillig. Er beschuldigte sich selbst dafür, 30 Morde begangen zu haben und wurde letztlich in acht Fällen verurteilt. Lange Zeit galt er als der gefürchtetste Massenmörder des Landes. Heute weiß man: zu Unrecht. Ein Journalist entdeckte Unstimmigkeiten in den Aussagen. Weiterhin beruhte seine Verurteilung lediglich auf seinem Geständnis. DNA-Spuren, Augenzeugen oder andere Beweise gab es nicht. Der Journalist nahm mit Bergwall Kontakt auf und stellte ihn zur Rede. Der gestand, alles frei erfunden zu haben. Die Justiz horchte auf und tatsächlich stellte sich heraus, dass der vermeintliche Massenmörder in allen Fällen unschuldig war.

Die Erklärung für seine falschen Geständnisse geben noch heute Rätsel auf: Er habe damit Aufmerksamkeit erzeugen wollen. Außerdem gab er an, unter starkem Medikamenteneinfluss gestanden zu haben, als er sein Geständnis abgab. Dieser Umstand hätte seine Urteilsfähigkeit beeinträchtigt. Heute ist der mittlerweile 66-Jährige wieder auf freiem Fuß.

Der Fall Peggy: Falsches Gutachten führt zur Verurteilung

Der Fall Peggy galt als einer der spektakulärsten Kriminalfälle in Deutschland. Die neunjährige Peggy Knobloch verschwindet im Jahr 2001 spurlos. Erst 15 Jahre später findet ein Pilzsammler eine Leiche, die sich als die menschlichen Überreste des Mädchens erweisen sollte. Ulvi K., ebenfalls ein Bewohner des Örtchens Lichtenberg, in dem Peggy wohnte, wurde in den Fall verwickelt – von dem Mädchen fehlte zu diesem Zeitpunkt immer noch jede Spur. Der geistig Behinderte war im Ort kein Unbekannter. So wurde er im Jahr 2011 bereits zur Rechenschaft gezogen, als er vor Schuljungen die Hosen herunterließ und sie zu Sexspielchen animierte. Gutachter befanden ihn jedoch für schuldunfähig, da er aufgrund seines minderen Intellekts – sein geistiges Niveau wird mit dem eines Zehnjährigen verglichen – sich seiner Straftat nicht bewusst war. Im Fall Peggy sollte es für Ulvi K. nicht so glimpflich ausgehen: Nach Dutzenden Vernehmungen gestand der damals 24-Jährige plötzlich, Peggy getötet zu haben, nachdem er dies zuvor stets verneint hatte. Aufgrund seiner Selbstbezichtigung sowie der Bewertung des Berliner Psychiaters Hans-Ludwig Kröber, der das Geständnis als „mit hoher Wahrscheinlichkeit" wahr beurteilte, entschied das Gericht ihn zu verurteilen. Obgleich Ulvi K. sein Geständnis im Nachhinein widerrief, blieb er bis 2014 verhaftet. Erst dann hob das Landgericht Bayreuth die lebenslange Freiheitsstrafe wieder auf, weil es keinen hinreichenden Tatnachweis gab.

Fazit

Falsche Geständnisse kommen aus unterschiedlichen Gründen zustande, wie anhand der drei Beispiele zu sehen ist. Manche werden erzwungen, wie im Falle der Central Park Five. Unschuldige halten dem Polizeidruck nicht stand und gestehen Taten, die sie gar nicht verübt haben. Solche falschen Geständnisse werden oft durch Isolierung der Verdächtigen ausgelöst, die mit langen und harten Vernehmungstechniken konfrontiert werden. Andere falsche Geständnisse kommen aus freien Stücken zustande, wie der Fall Sture Bergwall zeigt. Er wollte öffentliche Aufmerksamkeit erlangen, ohne die Morde wirklich begangen zu haben. Manchmal versagen aber auch Gutachter, denen bei der Entscheidungsfindung nicht selten eine wichtige Rolle zuteil wird. Fest steht, dass falsche Geständnisse fatale Folgen für die Psyche der vermeintlichen Verurteilten haben. Aber auch die Gesellschaft nimmt unter Umständen Schaden, nämlich dann, wenn der wahre Verbrecher noch auf freiem Fuß ist.